···Die Bedienungen kennen mich noch – sie sind etwas verlegen, sie wissen, dass
sie, die so gut Bescheid wusste, über die Geschichte, natürlich auch über die
bayerische - und stets den Beweis antrat, daß - o je, wie war das noch, fast
einen schottischen König untertan geworden wâren, wen ... ? Etwas mit einem
(ich glaube, blauen ) Stein hatte das was zu tun - unn tot ist, gehört nach
diesem Bandwurmsatz nun noch hier her.
Auf jeden Fall hat der letzt bayerische König hier noch
eine letzte Zuflucht gefunden, nach seinem Sturz. Er fuhr mit der Eisenbahn
hierher, die von Aschau nach Prien noch heute verkehrt. An einer Haltestelle
(die so zu benennen schon tollkühn ist) stieg er dann aus und ging zu Fuß zum
Schloss, was schätzungsweise nicht unter einer halben Stunde zu schaffen sein
dürfte. [Von Haltestelle Vachendorf bis zum Schloss fährt man heute mit dem Auto einen riesigen Umweg, fast zehn Minuten,
hier bitte.Zu Füß dürften’s knapp ein Kilometer sein, also ein Viertelstünderl, fj]
Es gab einen guten Matjeshering mit Salzkartoffeln, und
jetzt gibts noch eine Samerberger Käseplatte, die ich mir auf Holz gewünscht
hätte – und unnötigerweise ist auch noch steinharte Butter dabei. Den Käse
schneidet man natürlich richtig in dicke Scheiben oder Streifen, isst die mit
der Hand und dazu das Brot. Erst haben die Preußen die guten Sitten verdorben
und dann die Amerikaner. Aber gut ist es trotzdem!
Die Samer freilich, die
früher von Reichenhall her auf ihren Maultieren das Salz zum Inn
transportierten, hätten sich das nicht erlauben können, war ihr Lohn doch karg,
obwohl das Salz schon fast eine Währung war zu dieser Zeit.
Nur die Innschiffer hatten es zu Wohlstand gebracht. In
Neubeuern kann man das noch heute an den stattlichen Häusern erkennen. Aber ein
raues Volk war das, die mit ihren
Plätten das Salz den Inn herab bis in ferne
Länder an der Donau brachten. Auch darüber wusste meine Frau köstliche
Geschichten vorzulesen, beim Wein, im Garten oder der Bauernstube. Das war
einmal; jetzt ist es nur noch wie ein Rauschen vom Wind unter hohen Bäumen.
Die untergehende Sonne zwang mich zur Heimkehr, weil die
alten Augen es in der Dunkelheit nicht mehr schaffen.
Nun sitze ich auf jenem Platz, auf dem zu sitzen – nur
fünf Minuten – ich betteln musste; ich hätte es sonst nicht geschafft.
[Ingeborg, bettlägerig, wollte ihren Mann zuletzt keine Minute missen.] Hier begann
ich die Aphorismen zu schreiben, den Dialog mit mir selbst zu suchen.
Ach, wenn es dunkel wird, taucht sich alles noch einmal
in goldenes Licht. Die Vögel singen ihr Abendlied, die Schatten, die gerade
noch so lang waren, verwandeln sich in Schwärze, in der die Fledermäuse zu
jagen wissen. So zünde das Windlicht an: »Hör, was das Windlicht spricht. ... « [siehe auch oben. fj]
Noch findet der Docht im Wachs Halt und Nahrung, obwohl
die Kerze schon weit abgebrannt ist. Die Glocke der Dorfkirche schlägt einmal an.
Das ist wohl allzu gut gemeint, denn ein Viertel deutet es, jedoch der Stunde
nur, so lass ichs gelten! Die Lebensuhr hat keine Glocken, zum Glück.
Mein Auto hat jetzt einen neuen Termin, beim TÜV: 2014!
Ein Glück nur, dass wir Menschen nicht zum TÜV müssen, ich bekäme wohl keine
Plakette mehr, aber 2014 noch zu erleben, mit einer großen Georg-Britting-Ausstellung
in der
Münchner Stabi, das wäre ein würdiger Abschluss, und meine Ingeborg
vermisst mich ja auch nicht, sie hat die Gnade zu schlafen, bis sie zu einem
neuen Leben erweckt wird, mit ihrem alten Wissensstand und neuen Körper. Erst
dann, wenn ich dann auch schon wieder da sein sollte, kann ich ihr erzählen,
wie es mir nach ihrem Tod erging. Sie wusste es jedoch, sie wusste wie ich
leiden würde, und sie wusste auch, dass ihr Hans nicht untergeht. »Ob wohl das
Geld noch reicht, für den, der übrig bleibt?«, war eine oft gestellte bange
Frage, obwohl ich sie immer wieder zu beruhigen verstand. Dabei hatte sie ganz
gewiss vor allem an mich gedacht. Ach ja, Ingeborg, es reicht, und es wird noch
was übrig bleiben. Das Geld ist nicht, was jetzt zu meinem »Wohlstand«
gereicht! »Meine Freunde sind deine Freunde«,
hattest du einmal gesagt, das ist einer der starken Aktivposten in der
Bilanz des Lebens.
Mein armer
Sigmund [ein Freund und Professor] musste
heute drei Stunden über den neuen Atheismus sprechen. Ich nehme an, er zitierte
dabei Britting, der sich ja dazu bekannte, wenn auch mit dem Vorbehalt
»selbstverständlich katholisch zu sein«. Das war eine der Raffinessen
Brittings, der ja, sieht man, was er geschrieben hat, von beiden [katholisch und
Atheist] es nur ein wenig war. Das, was er offen ließ, nahm er mit ins
Grab.
Atheist bedeutet sinngemäß »gottlos«. Wer also an
andere Götter glaubt als an den, der der Christen ihrer ist, ist kein
Atheist. In unserer Zeit der Aufklärung, der Technik und der Wissenschaft,
machen sich die Menschen neue Götter. So lässt sich jemand, der absolut an gar
nichts glaubt und auch Vergangenes als wertlos betrachtet, mit Akupunktur
behandeln. Auch der also glaubt, obwohl er meint zu wissen.
Warum eigentlich, muss man Menschen noch erklären, was
Atheismus ist?
»Anderes Thema«, würdest du jetzt fordern, ja, du hast ja
Recht! Warum also fallen die Maikäfer immer auf den Rücken? Nur um zu
krepieren?
Du wiederholst nun deine Forderung. Nun gut, das aber,
was ich dir sonst noch zu sagen wüsste, das sage ich dir ins Ohr!
So bitte ich den verehrten Leser um Verständnis, dass ich
den Monolog nun damit beende und mich dem zuvor beschriebenen nun zuwende.
Dazu kommt: Die Flasche ist zu Ende.
Von meinem iPad gesendet=