Freitag, 25. Mai 2012

Beim Griechen

»Warst du schon mal beim Griechen«, wurde ich an einem Sonntag gefragt, nachdem in einem Vortrag so viele griechische Städte genannt waren, die ich in den Siebzigerjahren besucht hatte. Athen, Korinth, Ephesus, Delphi, usw. usw.. »Nein, sagte ich«, und wurde sogleich eingeladen zu einem Mittagmahl.
Omonia-Platz (»Omnia-Platz«) in Athen, nach 1960 (Wikipedia)
Ach, dachte ich, was kann das schon sein? Inhaber Grieche, Koch Bayer, Küche internationaler Touristenfraß mit exotisch klingenden Namen; und dachte an mein Lokal in der Nähe des Omniaplatzes in Athen, wo es den zweitbesten Schwertfisch der Welt gab (den besten aß ich in Syrakus in einem kleinen Lokal, in dem man sich die Speisen noch aus dem Kochtopf aussuchen konnte; aber das ist schon sehr lange her).
   In Athen aber, dort am Omniaplatz, da war man nach dem zweiten Besuch wie zuhaus, wurde mit einem Ouzo begrüßt, und der obligatorische griechische Salat wurde ohne vorherige Bestellung alsbald serviert, wusste man doch, dass wir ihn bestellen würden. Auch mit dem Retsinawein war es so, der nirgendwo besser schmeckt als in Griechenland.
»Akropolis« in Rosenheim.
Bild aus http://www.akropolis-rosenheim.de
   Auf der Fahrt zum »Griechen« wurde natürlich über das heutige Griechenland gesprochen. Jedoch: Was wissen wir schon von Griechenland? Von den Schulden wurde geredet, dass diese nie zurück gezahlt werden würden. Davon, wie unsere Schulden zurück gezahlt werden, wurde nicht gesprochen.
   Doch schon bald waren wir beim »Griechen«! – Dort bin ich nun schon seit einem halben Jahr an jedem Sonntag zum Mittagmahl. Das Restaurant heißt »Akropolis« und befindet sich in der Münchner Strasse 45 in Rosenheim, Es gehört einer Familie Zafiris, und wird auch von ihr in ihrer Gesamtheit geführt. Die Mama ist für die Küche zuständig, die Bedienung macht der Papa mit seinen beiden Söhnen.
   Die umfangreiche Speisekarte wird von folgender Präambel eingeleitet: »Unsere Gäste werden wie in Griechenland üblich hervorragend bewirtet. Sie sollen sich bei uns wohl fühlen wie ein König. Dafür garantieren wir!«
   So manche Präambel ziert Urkunden, ohne dem Anspruch auch in Wort und Tat gerecht zu werden. Das ist hier – und das sei ausdrücklich bemerkt – anders! Das ist keine Floskel – kein Werbetext – und verdient in allen Einzelheiten den Namen Präambel, der ja sonst nur für »Gehobenes« in Anspruch genommen werden darf.
Wer Griechenland bereist hat und das vor allem noch in Zeiten keines überschwemmenden Tourismus’, der alles nivelliert, der nicht mehr erkennen lässt, in welchem Land man sich gerade befindet, der wird bestätigen können, was in Griechenland üblich ist: Gäste werden dort so wie beschrieben behandelt. Hier im Haus hat sich das in bester Weise – und ich gebe zu, unerwarteter Weise – erhalten, hier ist man ein willkommener Gast, so bleibt das bis man gehen muss und bis zur Tür begleitet und verabschiedet wird.
   Als ich mit meiner Frau in den Siebzigerjahren Griechenland mit einem VW-Campingbus bereiste, konnten wir noch fast immer unsere Speisen in der Küche auswählen, und oft boten sich dabei so viele Köstlichkeiten an, dass man mehr aß als sonst üblich, was durch die Einnahme von ein oder auch mehreren Ouzos erleichtert wurde.
   Auch hier, bei meinem Griechen, hat sich dieser Brauch erhalten und den ersten davon spendiert der Wirt.
  Was ich bei diesem ersten Besuch, in Gesellschaft vieler Freunde, an Vielfältigkeit und Qualität der Küche kennen lernte, entsprach durchaus dem, was ich aus Athen kannte. Ja, ein Koch, der beim weltberühmten Winkler in Aschau die Kunst des Kochens erlernte, bestätigte mir das in einem Gespräch, doch nicht nur von diesem hörte ich Lob, auch von anspruchsvollen Gästen berühmter Küchen. (Und bitte, das hier ist kein bestellter Werbetext!)
Später, bei meinen wöchentlichen Besuchen,  beschränke ich mich auf die vorzügliche Gemüsesuppe, zu der ein Parmesan gereicht wird, und danach auf einen »Calamare Triton« wie man ihn so schnell nicht wieder finden wird. Dazu wird Spinat und anderes Gemüse serviert mit Kartoffeln und Reis. Das alles so reichhaltig, wie man das in feinen Nobellokalen in der umgekehrten Form kennt, wo sich die Portionen proportional mit der Höhe des Preises verringern.
   Dazu kommt dann aber die Herzlichkeit der Bedienung.
Man fühlt sich nicht nur wie ein König – was fühlt der denn wohl noch im erstickenden Überfluss? Nein, man fühlt sich wohl wie bei einem guten Freund oder eben bei der Mama daheim.
   Auf der Serviette kann der Gast noch folgendes lesen: »Griechenland, oder sagen wir besser Hellas – das Land der Hellenen, wie die Griechen im Altertum und in der Neuzeit sich selber nannten. Griechenland, das Land der Sonne, des Homer und des Odysseus, Griechenland, das Land der weltberühmten Weine, das ist mein Heimatland!«
   Hier ist hinzu zu fügen, Griechenland, das Land mit seinen tausend Inseln, Griechenland das Land mit seinen alten Olivenbäumen, seinen Pistazien, seinen Ziegen. Griechenland als sechste Weltmacht, Griechenland als erste Demokratie, Griechenland mit seinen Philosophen und seiner Kunst.
Griechenland zur Zeit Christi und Städten, die mit den Namen der Apostel durch ihre Briefe bekannt geblieben sind, und Griechenland mit seinem Areopag, auf dem einst Paulus seine berühmt gewordene Rede an die Männer von Athen hielt, aufbewahrt in den griechischen Schriften, dem so genannten Neuen Testament. Griechenland mit einer Kultur, die ihren Einfluss, der bis in unsere gegenwärtige Zeit nie verloren gegangen ist.
   Und hier bei »meinem Griechen« hat sie sich in der Kultur des Kochens, Essen und Trinkens und jener der Gastfreundschaft – und des Gesprächs – fortgesetzt. Hier ist man noch Gast einer Familie und nicht Kunde eines internationalen Konzerns. Hier erstickt man nicht in vornehmer Anonymität, hier ist man noch Mensch unter Menschen.
   Zugegeben, die Griechen sind ganz anders als wir.
   Zugegeben, auch ich wüsste keinen Rat zu geben, wie aus der Krise, in der das Land steckt, heraus zu kommen ist.
   Beklagte doch ein älterer griechischer Mann, dass es für ihn jetzt schwieriger sei, weil ihm die Rente gekürzt worden sei. »Gekürzt«, fragte ich, »das ist doch erst geplant?« »Nein«, sagte er, »nicht meine Rente, die meiner Frau«. »Ihrer Frau? Ich denke sie sind Witwer?« – »Ja, das bin ich schon seit dreißig Jahren, jetzt aber will man mir die Rente für sie nicht mehr zahlen!«
   Da sieht man, wie anders die Griechen sind. Aber ich bin mir sicher, dass es dem Mann nicht schlecht gehen wird. Ihre geschäftliche Tüchtigkeit ist legendär, kein Jude konnte da Schritt halten, nur die Armenier verstanden es noch besser, sagt man.
   Wie die Griechen sind, das zeigte der Film Alexis Sorbas, nach dem Roman von Nikos Kazantzakis.
Als ein mit großem finanziellen und arbeitsintensiven Aufwand betriebenes Projekt mit einer Katastrophe und Totalverlust endete, legten die Kerle ihre Arme auf die Schultern des Anderen und begannen mit zunächst langsamen, rhythmischen Schritten den Sirkati zu tanzen, der sich im Tempo steigert bis zu überschäumender Ekstase.

Ein Foto von dieser Begegnung hängt bei unserem Griechen.
   Wer je plant, nach Griechenland zu reisen oder auf eine der tausend Inseln, die in der Ägäis wie kostbare Perlen schwimmen, der sollte die Reise in Rosenheim beginnen, bei unserem Griechen und sie auch dort beenden, als Ouvertüre und Finale, als unerlässlichen Bestandteil der Harmonie.
   Warum das so ist? Wir sollten von den Griechen lernen, nicht zu viele unnütze Fragen zu stellen, und !!! das Leben zu nehmen wie es ist, das aber immer positiv und lebensfroh!
   Vergessen sollte man nicht eine Serviette vom Griechen mitzunehmen,  13 wichtige Redewendungen werden einen dann begleiten, von denen die eine auf unseren Griechen besonders passt »POLI OREO!« (sehr gut!).

Arminius alias Hermann
in New Ulm (Quelle)
Nun denn, meint jetzt hier unten der »Redakteur« oder »Redaktor« der schönen Geschichte von und mit der Akropolis: Inzwischen denken Deutsche viel an Griechenland. Sogar Günter Grass reimt sich senil Sinniges zu Griechenland zusammen, in der Süddeutschen, hier. Dabei hat das heutige Griechenland mit dem alten Hellas so viel zu tun wie Arminius mit Angela Merkel, nämlich bis auf das salzige Wasser drumherum gar nichts. Die Fantasie ist freilich frei, nach dem Motto: Mir hat träumt …. Außerdem ist Deutschland, ist ganz Europa zu einem Hort des Nicht-Nachdenkens geworden, jedenfalls wenn’s um Wirtschaftspolitik geht, Polemik herrscht vor, mediengeschürt. Es darf doch nicht sein, sagen die Leute, dass Geld so wichtig ist, wenn’s der Staat nicht hat.Siehe beispielsweise meinen letzten Blog: »Warum die Banken mehr verdienen als die Firmen« und viele ähnliche davor – alle allerdings ohne Reim..  

Dienstag, 22. Mai 2012


16. 5. 12 – Lieber Fritz Jörn, 
   treuer Freund und Vertrauter, ich habe schon wieder von einem wundervollem Abend zu berichten, jedoch, das ist ja fast wie beim Nebukadnezar, kommt am Bildschirm die Meldung: »die Batterie ist fast leer«, ach ja bei mir noch nicht!
   Vorgestern war ich mit einer schönen Frau – Sie kennen sie –, es ist jene, die mir so tief in die Augen schaute, im Nobellokal Karner in Frasdorf. Es war ein wundervoller Abend, mit all dem Zauber, den eine schöne Frau verbreiten kann, jedoch in aller Unschuld und in der Form des Textes, den ich nun überlegen muss, wie ich ihn Ihnen schicke. Mein Gott, lieber Fritz Jörn, ich werde immer jünger, und um so schwerer wird es, den Wünschen zu widerstehen. 
   Der Abend begann bei mir, mit einem ganz besonderen Aperitiv, dann wurde ich in einen schicken Sportwagen gezwängt, um dann beim Karner, bei aller Kultur und Perfektion eines Abendmahls, in einem ganz besonderem Ambiente, ein Fest zu feiern, bei köstlichen Gerichten einer außerordentlichen Küche, bei Frankenwein und ganz besonders guten Gesprächen. Der Abschluss des Abends dann bei mir daheim bei einen letzten Glaserl Wein. Ach ja, ich gebs ja tu, es knisterte schon etwas, aber der Rest folgt nun.
Das »Karner Flair Hotel«, neumodisch-falsch ganz ohne Bindestriche dazwischen (wohl weil die inzwischen ›Minus‹ heißen), lässt einen »das Lächeln Bayerns erleben« und was es noch so gibt an Marketingschmalz, siehe http://www.ambiente-privathotels.de/karner-flair-hotel/urlaub-im-chiemgau/ – sagt dazu dieser Fritz Jörn, der fj. Kein Wunder, dass sich unser alter Schuldt fast überpurzelt, sprachlich. Ich lass’ aso.

   Nächstenliebe
Das an Einfachheit und Aussagekraft kaum zu überzeugende Gebot, »Gott zu lieben und seinen Nächsten wie sich selbst«, ist bei näherer Betrachtung ganz schön komplex.

   Bei allen Überlegungen muss dem ersten Gebot die Priorität eingeräumt werden. Das setzt voraus, dass man weiß, was Gott von den ihn Liebenden erwartet und nicht, was der Liebende von Gott erwartet. Dazu muss der Mensch Gott und seinen Willen kennen lernen und nicht Gott den Menschen, den er erschaffen hat und liebt, auch dann, wenn der Mensch das gar nicht bemerkt. Gott weiß auch, dass wir unvollkommen sind, und so erfüllt sich in der Liebe Gottes zu den Menschen, was im 1. Korintherbrief des Apostels Paulus im Kapitel 13 gesagt worden ist.

   Dass wir den Nächsten wie uns selbst lieben sollen, rechtfertigt eine Eigenliebe. Diese aber muss sich dem ersten Gebot unterordnen, also die Liebe zu Gott vor die Eigenliebe stellen. So aber wie die Liebe Gottes nur wirksam wird durch die Erwiderung der Liebe, ist das bei der Nächstenliebe auch. Das heißt nicht, dass nicht erwiderte Liebe gebieten würde, den Nächsten nicht zu lieben, nur bliebe ihr das Glück sich gegenseitig Liebender verlustig.

   Hier nun stellt sich die Frage, was die Liebe vom Anderen erwartet. 

   In der Beziehung zwischen Mann und Frau ist das besonders schwierig, weil diese Beziehung fast immer unter dem Spannungsverhältnis der Geschlechter besteht, die ja auch gottgewollt ist, aber eben nur einen Sektor der Liebe betrifft und nicht die Liebe in ihrer ganzen Kausalität! 
   Wenn die Liebe nach Vers 4 des genannten Korintherbriefes nicht eifersüchtig ist, so ist sie es eben deshalb nicht, weil man als Mann auch eine Frau als Nächste lieben kann (nein muss!) ohne sie zu begehren! 
   Auch Christen sind nicht gegen die Begierde der Augen und die Begierde des Fleisches immun, aber die Nächstenliebe wird ihnen die Kraft zur Beherrschung geben, und sie nicht den Wunsch zur Leidenschaft steigern lassen. So schön auch die körperliche Vereinigung zwischen Mann und Frau ist, so währt sie nur sehr kurze Zeit, endet in seliger Müdigkeit und fadem Erwachen. Wenn Mann und Frau »ein Fleisch« werden, wie anders als mit Schmerzen kann man das trennen? Es sei denn, es findet in der Ehe Bestand. Doch die Nächstenliebe triumphiert auch hier, es gibt sie zwischen Mann und Frau, und auch dem Begehren wird Preis gegeben, in geistiger Gemeinsamkeit im Bestreben nach der Liebe zum Nächsten. 
   Der, der uns erschaffen hat, Jehova Gott, er kannte uns und kennt uns, und wer meint, das alles sei nur Prüderie, der lese das »Hohe Lied«!
   Was gibt es Schöneres als die Liebe, in der am Anfang genannten Form?
Von meinem iPad gesendet
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17. 5. 12 – Grüße aus Solln 
… Nach einem Aperitif und gutem Gespräch brausten wir mit ihrem Sportwagen zum Karner nach Frasdorf, wo wir ausgiebig schlemmten, einen Frankenwein genossen und über Gott und die Welt sprachen. Wir waren die Letzten und da wir uns noch was zu sagen hatten, setzten wir den Abend bei mir in der Reception fort, bis Mitternacht. Meine Frau Brandmaier sorgt rührend für mich und lässt mich nicht mit ungebügelten Hemden laufen. So lässt man mich nicht verkommen! 
   Manchmal gehe ich jetzt auch abends in die [Rohrdorfer] Post und immer gibt es Kontakte. Vor ein paar Tagen mit einem jungen Dackel am Nebentisch, der sich an meinem Brotzeitteller beteiligte. »Meine« Maria bedient mich immer besonders gern, und wir begrüßen uns auch mit Händchen geben. Als ich sie neulich fragte, ob sie Kinder habe, sagte sie etwas verlegen und leicht errötend »nein, noch nicht, damit warte ich noch etwas«, auf meine Erwiderung: »Aber einen Mann haben sie doch?« brach schallendes Gelächter durchs Lokal, anscheinend hatte man das als eine stilles Angebot verstanden. So kann man überschätzt werden!
   Gesundheitlich geht es mir immer besser, seit dem ich regelmäßig die Tabletten vergesse. Meinen Arzt habe ich seit Inges Tod nicht mehr gesehen.
   Von »meinem« Griechen, den ich jeden Sonntagmittag aufsuche, muss ich ja nicht mehr berichten, das alles ist ja nun schon öffentlich. 
   Technisch bin ich auf dem letzten Stand, mein Ipad ist mein ständiger Begleiter, und niemand ahnt, was man damit alles machen kann. Heute führte er mich auf verschlungenen Wegen zu jenem Haus drunten am Inn, wo ich mich labte. Von dort aus griff ich auf meinen PC daheim, um den Gastgebern noch Brittings Inn auszudrucken. (So überliste ich das Ding sogar mit Windows. Mein Kopf ist um so viel besser dran als meine Beine, die bedürfen des Stocks, dafür gehts mit dem Nissan noch flott voran und lustig durch die Kurven, das Langsamfahren mag er nicht. Getüft ist er jetzt bis zum Jahr 2014.
  
Negativ ist lediglich, dass die Flasche schon wieder leer ist. Ich hatte sie gestern im Gut Filzenhofen gekauft, dem eine Metzgerei angeschlossen ist, die auch einen guten österreichischen Wein im Angebot haben. Das Gut samt Metzgerei leitet ein Glaubensbruder von mir, der mir die Internitas der Metzgerei zeigte. In einem auf zwei Grad abgekühltem Raum hingen  ca dreißig geschlachtete Jungbullen zum Ablagern, damit das Fleisch mürbe wird. Eine eigene Räucherei sorgt fürs vorzüglich Geräucherte. Ich durfte dann noch der Schlachtung beiwohnen, nicht ohne Mitleid für das arme junge Vieh, das noch so wenig von den Freuden eines jungen Bullen genossen hatte. Als er einen Schritt zurück gehn wollte, senkte sich sogleich eine Eisenstange hinter ihm. Er jedenfalls hob ein letztes mal seinen Schwanz und schiss auf sie.
   Bald darauf dann hörte ich den Schuss, der seinem Leben ein Ende setzte. Nun hat er noch drei Wochen Zeit um mürbe zu werden, bevor ihn der Metzger kunstgerecht zerlegt.
   Man stelle sich vor, da gibt es doch tatsächlich Leute, die mittels Inkarnation möglicherweise so ein Bulle werden wollen! Nein danke! Ich äße dann ohne jeden Appetit.
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19. 5. 12 – Liebe …, ich sitze in der Zirbelstube der Post in Rohrdorf, wo wir vor über einer Woche das Fest für meine Frau feierten,  weils mich aus dem Haus trieb, nachdem ich mein einsames Abendmahl eingenommenen hatte. 
   Es gibt hier einen kleinen Tisch, für zwei Personen vis-à-vis, an dem saß ich oft mit meiner Frau. Auch noch, als ich sie im Rollstuhl herfahren musste, und sie sehr ungeduldig war. Vor sieben Monaten ist sie gestorben. Aber mit vielen anderen Frauen saß ich seit dem dort, noch nie mit Dir! Wie hat sich mein Leben verändert! Es ist, als hätte sich eine Tür geschlossen. Was hinter der Tür liegt, gerät in Vergessenheit, die Zeit legt sich wie ein Staubschleier übers Vergessene, der Glanz erlosch, Licht legt sich nur noch matt auf die Erinnerung. Die Welt rast weiter in ihrer irrsinnigen Fahrt, lässt keine Zeit zur Besinnung – und auch nicht zum Einhalten. Präsidenten werden abgelöst, Staaten gehen pleite, der Waffenhandel blüht, geschossen, erschossen wird immer. Ein höchst rentables Geschäft in »unserer« friedlichen Welt, die wir vom Profit »gut« leben! 
   Dagegen steht dann ein Tag wie heute, wie er nicht schöner sein konnte. 
  Ich hatte Besuch und las [Georg Brittings] »Die kleine Welt in Bayern« vor:

Der Himmel ist hoch und weit über das Land gespannt,
Dass alles unter ihm Platz hat: die weiße Felswand,
Der Kirchturm, Zigeunerpferde mit farbigen Bändern
Im Schopf, Hirsche, Nachtigallen und Stare
Und der spiegelnde, blaue und klare
Waldsee mit den schilfigen Rändern.
Liegt ein Kerl im Moose,
Schlägt die Augen auf und im kleinen Stern
Sammelt er alles, den Kirchturm, die Felswand, den Himmel und sein Begehrn
Geht darüber und über den Himmel hinaus ins Große und Grenzenlose.
                                                                
Wer sieht das noch? Was ist über den (Plural!) Himmeln?
   Mir las dieses Gedicht meine Frau vor, als wir uns nach 23 Jahren wieder sahen, in einer kleinen , bescheidenen Konditorei im Lehel in München.
   Ich höre es noch immer!
   Aber ich erzähle von mir, anstatt nach Kater und Mann zu fragen. …
   Jetzt habe ich mir ein zweites Viertel eines guten Frankenweins bestellt, wozu ich mir – zum Erstaunen der Bedienung – zwei Scheiben trocken Brot bestellte. Brot und Wein, das ist doch klassisch -antik! 
   Neben mir am Tisch wird geprasst, ein Mann mit zwei Frauen, die er zur Schlachtreife füttert. Ich stell mir gerade vor, wie die in fünfzig Jahren aussehen werden (»In fünfzig Jahre ist alles vorbei«, singt Otto Reutter), falls sie dann noch leben. Nein, nicht schöner! Obwohl es eine weibliche Altersschönheit gibt, die faszinierend sein kann und durchaus von erotischem Reiz! 
   Weißt Du eigentlich, dass es drei Arten der Liebe gibt? Wenn nicht, sollte das unsere nächste Lektion sein – wenn Du magst! 
   Habe ich Dir denn mein Erlebnis im Gut Filzenhof  erzählt, bei dem ich der Schlachtung eines Jungbullen zusah? – Ach ja, so nah sind sich Liebe und Tod! Für ihn galt sicherlich nicht die Weisheit: »Wen die Götter lieben, lassen sie jung sterben«, wie auch mir nicht, der ich kein Jungbulle mehr bin.
Wilhelm Leibl, 1881, Drei Frauen in der Kirche
Hamburger Kunsthalle, Bild aus der Wikipedia
   Jetzt bin ich ganz allein in der Stube, aber meine Anneliese genehmigte mir noch ein drittes Viertel. Sie ist aus Bad Aibling und kennt sogar den Maler Leibl und freute sich sogar, nach ihm gefragt zu werden. Sie sieht aus wie eine der drei Frauen in der Kirche, die er gemalt hatte. Wie doch ein Wort aus der Anonymität reizen kann! 
   Doch, liebe …, ich darf Dich ja nicht zu meiner Zuhörerin zwingen mit meinem Altersgeschwätz, es sei denn, es freut Dich ein wenig! Dann hätte sich auch dieser Abend gelohnt!
   Es grüßt Dich und Deine männlichen Genossen, Dein alter – noch einmal im jetzigen geistigen Zustand –  jung sein wollender (die physische Jugend könnt auch nicht von Schaden sein) – leider alter Hans.

Montag, 14. Mai 2012

Was die Blogs betrifft, so entdecke ich nichts Anstößiges, und wenn sie schon der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden, so sollte man auch den ganzen Namen nennen und ein Copyright dazu! Es gibt auch noch ein paar Drekfuhler! [Na ja, ein paar hab’ ich dringelassen, wo sie nicht stören, ich gemeiner Kerl, schon um den Gefühlsstand des Schreibenden originär zu belassen. fj]
   Ich sitze in der Zirbelstube in meiner Post bei einem Ipphöfer Frankenwein, nachdem ich mir einen Brotzeitteller mit einem Dackel am Nachbartisch geteilt hatte. Das wird der nie vergessen!
   So wäre eigentlich ein neuer Blog fällig, aber ich will die Leser ja nicht süchtig machen. Zumal: Wer will schon Schuld[!] haben?
   Mittag war ich bei meinem Griechen. Die dabei gemachten Notizen hänge ich für jene Leser an, die nicht genug von mir bekommen können.

Beim Griechen
   Akropolis heißt das Restaurant in Rosenheim in der Münchnerstraße, in das ich nun schon ein halbes Jahr lang jeden Sonntag gehe.
   Es ist in der Tat so, als wäre man in Athen. Dort hatten wir (meine Frau und ich) auch ein Stammlokal, in dem es köstlichen griechischen Salat und den von uns geschätzten Schwertfisch gab. Auch dort wurden wir mit einem Ouzo begrüßt und mit jener Herzlichkeit bedient, die den Griechen zueigen ist.
   Das ist nichts Selbstverständliches, nichts Andressiertes, es ist ganz einfach so – menschlich eben! Dabei ist die Küche hervorragend – aber wirklich griechisch, ohne Gschnas. Hier fühlt man sich ganz einfach wohl!
   Jetzt sitze ich noch alleine, weil ich noch Zeit habe bis zum nächsten Termin und trinke in Erinnerung an unsere schönen Reisen durch Griechenland, einen Retsinawein. Der ist so echt wie die Menschen dort, nicht lieblich süß, »ein wenig Bittres darf in Allem sein / warum nicht auch im Wein?«, fragt Britting in seinem Gedicht »Vor dem Gewitter«.
   Besser ist’s, Bitteres zu versüßen, als Süßes bitter werden zu lassen.
Man müsste einen Essay über das Thema schreiben; es ist der Übergang zu dem des Glücks!
Jetzt aber verlasse ich das mit Muttertagsgästen überfüllte Lokal als immer noch Nichtmutter, einem mir versagtem Glück. (Zum Glück!)

   Es wird jetzt aber wirklich Zeit, Ihnen, mein lieber Fritz Jörn wieder einmal ganz herzlich zu danken! und dass nicht nur für Ihren unermüdlichen Einsatz sondern auch für die herzerfrischende Freundschaft die sie mir (und der Stiftung) immer wieder erweisen. Darauf einen Ipphöfer, Prosit!

Mein getüfter [ge-TÜV-ter] Nissan wartet schon auf mich, ich denke, er findet den alt bekannten Weg nach Haus.

Antoine de Saint-ExupAntoine de Saint-ExupéryAntoine de Saint-Exupéry
   Morgen habe ich Damenbesuch von jener Frau, die mir wie keine andere zuvor so tief in die Augen sah. Es ist meine Optikerin. Wer weiß schon, was so eine alles sieht? Man sieht ja nicht nur mit den Augen gut, das Wesentliche sieht man mit dem Herzen, behauptete Saint-Exuppéry [Antoine Marie Jean-Baptiste Roger Vicomte de Saint-Exupéry: so, fj].
   Mal sehen was sie sieht?
Ihr alter Hans-Joachim Schuldt
   PS. Es war ein schöner Muttertag. Es gibt immer Gründe zum Feiern, an der letzten Feier nimmt man dann nicht mehr teil.

Sonntag, 13. Mai 2012


Eine erste Geschichte hat er mir schon gegeben und erlaubt. Die hab ich bei mir veröffentlicht, da. Ich tu sie hier als ersten Bog herein:

Ein Blog für Schuldt
– keine Angst, so »klassisch« wie der schwarzweiße Herr hier sieht er nicht aus! –

Das hier rechts ist Georg Britting, wie er in der Wikipedia steht. Ein Dichter.
   »Seine« Homepage ist www.Britting.De, obwohl es »zu seiner Zeit« natürlich keine Homepages gab. Die hat ihm seine Witwe und ihr Mann gemacht; und ich, Fritz Jörn, durfte gelegentlich auch ein wenig daran basteln. So sieht sie auch aus, die Site, werden Sie sagen.

Nun ist Georg Brittings junge Witwe auch gestorben, 2011, aber das ist eine andere Geschichte. Wir haben ihrer würdig gedacht, und ich habe das in Bilder gebracht, zu sehen auf http://bit.ly/HY0e4V beziehungsweise https://picasaweb.google.com/107484383993159578524/FroehlichAbend?authkey=Gv1sRgCNbAoYiCytuljQE.

Herr Schuldt, mit vollem Namen Hans-Joachim Schuldt-Britting, ist sozusagen »der letzte Britting«, der Witwer Brittings, des Dichters, Witwe, und ganz gut beinander, im Körper, im Kopf,  und vor allem in der Seele. Auf seinem geschätzten Ipad schreibt er Pensées, versucht sich in Aphorismen, und ist überhaupt nicht Web-scheu (das können Sie wörtlich nehmen, amerikanisch und deutsch). Also versuche ich, ihn hier ins Netz zu bringen. Muss ihn gleich einmal fragen, ob’s ihm passt.

Ich schlage vor, einstweilen, dass:
Wer hier etwas veröffentlichen will, schickt’s erst einmal mir als Mail: Fritz@Joern.De
   Dann: Einen Blog kann man abonnieren. Man bekommt die Gschichtln dann als »Feed« (Futter) und liest sie in extra Feed-Readern. Mir ist das zu umständlich. Ich nutze einen kostenlosen Service von »Watchthatpage« in Norwegen, der einem eine Mail schickt, wenn sich wo was ändert.Dazu klicken Sie hier auf das blaue Feld.
 Automatische E-Mail-Benachrichtigung bei Änderungen im Blog hier
(Geht auch bei anderen Seiten!) Bitte melden, wenn’s nicht klappt, ich kann das selbst schecht prüfen. fj
   Schließlich: Hinweise und Links nach hierher, alles in Ordnung, aber bitte nichts rauskopieren.
© Hans-Joachim Schudlt-Britting und Fritz Jörn
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8. Mai 2012
Hans-Joachim Schuldt
Maiabend beim Wein

Heute einmal ein Blog aus einer fremden Feder [schrieb ich dort, in meinem Blog. Fritz Jörn] . Der Schreiber, neunzig Jahre alt, hat sich voriges Jahr einen Ipad geleistet, dazu von seinem Mobilfunkprovider einen kleinen mobilen Router, und ist nun überall ganz dabei. Besonders schätzt er die virtuelle Tastatur des Ipad, augenschonend groß, und zeigt uns, dass ein Ipad eben kein nur passives Lesegerät ist!
···Nun aber zu seinen Maiabend, samt Nachtgedanken an seine im vorigen Jahr verstorbene Frau. Anmerkungen, ganz kleine Korrekturen und Links sind von mir.

Ich sitze auf der ehemaligen Reinhardt-Terrasse in Prien am Chiemsee. Das Anwesen mit Hotel und Restaurant hat den Besitzer gewechselt und heißt nun Schlossblick, weil man tatsächlich von hier aus das Schloss Ludwig des Zweiten auf der Herreninsel sehen kann. Die Preise haben sich dem »Schloss« angepasst.Wie die Küche ist, werde ich bald feststellen, wenn der Schrobenhauser Spargel mit Sauce Hollandaise serviert wird. Die Bedienung ist international (dressierte Importe!) gut, aber nicht bayrisch, nicht menschlich.
···Die Portion war vornehm klein, der Spargel zu hart, die Kartoffeln  gut, jedoch zu wenig gesalzen. (Gesalzen sind dafür die Preise.) Man sitzt wundervoll, durch aufgestellte Scheiben windgeschützt, mit herrlichem Blick über den Chiemsee mit seinem Alpenpanorama im Hintergrund. Schöner geht es kaum. Das allerdings muss man bezahlen.
···Der große Vorteil für einen alten Mann wie mich, dem seine Beine nicht mehr so weit tragen, ist der, dass es einen Parkplatz am Haus für Gäste gibt. ( Zwei Stunden gratis, danach bezahlt man auch dafür, mir wurde es erlassen.)
···Hier war ich schon in den siebziger Jahren mit meiner Mutter und meiner Frau. Die Mutter sah ich hier das letzte Mal – nun ist auch meine Frau gestorben, und ich sitze alleine hier. Immerhin in Begleitung meines unzertrennlich gewordenen Ipads, mit dem ich Glück und Leid teilen  kann, was jedoch mehr mitteilen  bedeutet.
···Noch einmal werde ich hier sehr wahrscheinlich nicht einkehren; es ist steril und teuer. Da lobe ich meine alte Post in Rohrdorf, wo ich anstatt des Schlosses hübsche Deandln sehe, die ich kenne und die mich kennen und die mich gut – und nicht mit aufgesetzter Höflichkeit – bedienen.
···Jetzt werde ich die schöne Rückfahrt antreten, um noch bei Tageslicht das Zuhause zu erreichen.
···Wieder daheim und auf dem Balkon bei untergehender Sonne und den Blick zum Wendelstein.
Allein beim Wein! Das ist auch der Titel eines Brittinggedichts. Mal lesen; mein Ipad stellt ja alles zur Verfügung,

Allein beim Wein

Wie im Glas der gelbe Wein
Blinkt, daß er mir besser schmecke!
Ich krieche tief in mich hinein,
Wie in ihr Haus die Schnecke.

Die Schnecke streckt die Fühler aus,
Ich, klüger, zieh auch sie zurück:
Nun bin ich ganz allein in meinem Haus
Als recht ein Hans im Glück.

Rings an den Tischen geht das Reden nieder
Wie ein Regen ohne Unterlaß:
Ich aber dehne meine trocknen Glieder
In meinem regenundurchlässigen Gelaß. 

···Bis auf die Reden an den Tischen, stimmt’s fast. Sogar der »Hans im Glück«! [Der Schreiber heißt auch Hans. fj] Erst wenn man alleine ist, bemerkt man, dass nicht nur geteiltes Leid ein halbes Leid ist, sondern auch ungeteiltes Glück noch weniger als die Hälfte ist, so muss man schon für die richtigen Quantitäten sorgen!
···In Prien machte ich einen Spaziergang über die Seeterrasse, die sich wie eine Zunge in den See rausstreckt. Über sie schob ich noch vor einem Jahr meine Frau im Rollwagen. Am Ende der Landzunge steht ein Pavillion, in dem ein Kerl steht und singt seit Jahren nun schon, so denn auch heute. Ich sagte meiner Frau schon damals: »Der wird einmal im See versunken sein«, aber Kalauer waren überhaupt nicht nach ihrem Geschmack. So ist er immer noch nicht versunken und sunkt immer noch. Nein, nicht schön, aber er muss sich sehr gut gefallen.
···Jetzt habe ich das Windlicht angezündet. Auch ein Gedicht von Britting, doch keine Angst, das soll ja keine Anthologie werden. Aber diese yverse nun doch noch:

Es ist die Nacht nur,
Der schwarze Bruder des Tags,
Und bis der dir wieder erscheint:
Es brennt ja das Windlicht!

Leere den Weinkrug!
Schau der Flamme goldnes Gesicht!
Weißt du es nicht?
Kein Bild ist Betrug!

Hör, was das Windlicht spricht:
Unter der Sterne Gang,
Falterflug, Adlerflug,
Kurz oder lang;
Genug!

···Genug? Genug ist nie Genug! [»Das Windlicht« sollten Sie sich anhören, vom Dichter selbst gelesen! fj]
Nein wirklich Genug jetzt – aber »noch ist der Krug nicht leer«, auch ein Titel. Jetzt aber bleibe ich beim Wein ,denn noch ist der ,,,!
···o je, kein Bild ist Betrug!
···»Hör auf zu spinnen« höre ich da jemand sagen. Ach ja, so stopfe mir doch den Mund!
···»Wem schreibst du eigentlich?«, werde ich nun auch noch gefragt. Ja wem? Mir selbst!
···Ob ich schon wieder neue Bekanntschaften gemacht habe. Ja, ständig, einen jungen Bänker, mit dem ich fachsimpelte, während seine junge Frau (ich nannte sie Kücken, was ihr sogar gefiel, in meinem Aphorismen las, die auf dem Tisch bei meinem Griechen lagen. Sie ist eine Berlinerin, und ich las ihr sogleich den Aphorismus deines heiß geliebten Fontanes vor »Vor Gott sind eigentlich alle Menschen Berliner!«, das kam an! Wie nur kam der Fontane auf dies S hapsidee? Er wird wohl an den »Torquato Tasso« gedacht haben und die weenerliche Distriktprinzeesin vom Glasbrenner, weißt Du noch eie wir dabei gelacht hsben? [Adolf Glaßbrenner? fj] Wo steht denn das nur, beim Kiaulehn, ach, ich habe mich zu sehr auf Deine Ordnung eingelassen, ansatt auf meine sogenannte chaotische, nun finde ich garnichts mehr, nur das was im Koppe ist. Bei der Flickenschildt fuhr ich heute auch vorbei. Ihr Grab ist ähnlich gut versteckt wie deins. Mein Gott, wer kennt sie noch? Und den »kleinen Stall« von Wilhelm Diess hab ich vor ein paar Tagen nach Bolivien geschickt, wo ich ein paar Brüder an Heimatliches erinnern wollte. Ach, waren wir reich!
···»Wie viel noch in der Flasche ist, fragts du?« – »Sie ist noch halb voll!«, und du kannst nun nicht mehr sagen »nein, sie ist halb leer«. Wie lange ich noch bleiben will? fragst du. Ja, wer soll denn noch dafür sorgen, dass die Stabi die Ausstellung zu Brittings fünfzigstenten Todestag n macht.?
···Ich hab hier noch einiges zu tun, für dich steht ja die Zeit still! Wenn wir uns wiedersehen erzähle ich dir alles, und dann wird alles noch viel schöner sein als es es jemals war! Obwohl mein Leben sich sehr geändert hat, seit uns der Tod trennte, ich liebe dich noch immer!

An wen ich schrieb? Das muss ich jetzt niemandem mehr verraten: an mich!
···An einen, der sein Glück gern teilen möchte, in der Erkenntnis, dass es nichts Schöneres, nichts Mächtigeres, nichts Beglückenderes gibt als die Liebe. Die Liebe zu Gott, die Liebe zum Nächsten, die Liebe zu der, die man zum gemeinsamen Leben freite.
···Ein Maiabend beim Wein.
···Verzeiht einem noch immer liebenden Greis! (Alt sein ist doch nur ein Irrtum!)
Von meinem iPad gesendet=

Ich füge gleich einmal die zweite Geschichte, den zweiten Blog an:

10. Mai 2012
Wildenwart

www.Schlosswirtschaft-Wildenwart.De
Es ist ein Sommertag, wie er sommerlicher nicht sein könnt, obwohl der Kalender erst den 10. Mai anzeigt. Da hat’s mich aus dem Haus getrieben. Als Ziel suchte ich einen schattigen Wirtshausgarten bayerischer Art. Zu weit durfte es nicht sein, damit ich keine lange Rückfahrt im Dunklen zu fürchten hätte. Da fiel mir »unter hohen Bäumen« ein (schon wieder einmal ein Britting-Gedicht-Titel. Aber in ihm wird der August gelobt, vorweg soll man nicht loben.
···Nun aber sitze ich unter ihnen, im Schlossgarten in Wildenwart, fünf mächtige Stämme – sind’s Ulmen? Ich kann es nicht erkennen – der Umfang dürfte fünf Meter kaum unterschreiten. Tiefer Schatten. Aus dem Hintergrund leuchtet das im Abendlicht liegende Schloß, in dem jetzt seine königliche Hoheit Herzog Max von Bayern mit seiner Familie residiert. Ihm ist auch das vorzügliche Bier im Brauhaus am Tegernsee zu verdanken, das ihm gehört. 
···Hier war ich früher oft mit meiner Frau, und wenn wir Gäste von ausserhalb hatten, dann gehörte Wildenwart zu den Pflichtbesuchen.
···Die Bedienungen kennen mich noch – sie sind etwas verlegen, sie wissen, dass sie, die so gut Bescheid wusste, über die Geschichte, natürlich auch über die bayerische - und stets den Beweis antrat, daß  - o je, wie war das noch, fast einen schottischen König untertan geworden wâren, wen ... ? Etwas mit einem   (ich glaube, blauen ) Stein hatte das was zu tun  - unn tot ist, gehört nach diesem Bandwurmsatz nun noch hier her.
   Auf jeden Fall hat der letzt bayerische König hier noch eine letzte Zuflucht gefunden, nach seinem Sturz. Er fuhr mit der Eisenbahn hierher, die von Aschau nach Prien noch heute verkehrt. An einer Haltestelle (die so zu benennen schon tollkühn ist) stieg er dann aus und ging zu Fuß zum Schloss, was schätzungsweise nicht unter einer halben Stunde zu schaffen sein dürfte.  [Von Haltestelle Vachendorf bis zum Schloss fährt man heute mit dem Auto einen riesigen Umweg, fast zehn Minuten, hier bitte.Zu Füß dürften’s knapp ein Kilometer sein, also ein Viertelstünderl, fj]
   Es gab einen guten Matjeshering mit Salzkartoffeln, und jetzt gibts noch eine Samerberger Käseplatte, die ich mir auf Holz gewünscht hätte – und unnötigerweise ist auch noch steinharte Butter dabei. Den Käse schneidet man natürlich richtig in dicke Scheiben oder Streifen, isst die mit der Hand und dazu das Brot. Erst haben die Preußen die guten Sitten verdorben und dann die Amerikaner. Aber gut ist es trotzdem! Die Samer freilich, die früher von Reichenhall her auf ihren Maultieren das Salz zum Inn transportierten, hätten sich das nicht erlauben können, war ihr Lohn doch karg, obwohl das Salz schon fast eine Währung war zu dieser Zeit.
   Nur die Innschiffer hatten es zu Wohlstand gebracht. In Neubeuern kann man das noch heute an den stattlichen Häusern erkennen. Aber ein raues Volk war das, die mit ihren Plätten das Salz den Inn herab bis in ferne Länder an der Donau brachten. Auch darüber wusste meine Frau köstliche Geschichten vorzulesen, beim Wein, im Garten oder der Bauernstube. Das war einmal; jetzt ist es nur noch wie ein Rauschen vom Wind unter hohen Bäumen.

Die untergehende Sonne zwang mich zur Heimkehr, weil die alten Augen es in der Dunkelheit nicht mehr schaffen. 
   Nun sitze ich auf jenem Platz, auf dem zu sitzen – nur fünf Minuten –  ich betteln musste; ich hätte es sonst nicht geschafft. [Ingeborg, bettlägerig, wollte ihren Mann zuletzt keine Minute missen.] Hier begann ich die Aphorismen zu schreiben, den Dialog mit mir selbst zu suchen. 
   Ach, wenn es dunkel wird, taucht sich alles noch einmal in goldenes Licht. Die Vögel singen ihr Abendlied, die Schatten, die gerade noch so lang waren, verwandeln sich in Schwärze, in der die Fledermäuse zu jagen wissen. So zünde das Windlicht an: »Hör, was das Windlicht spricht. ... « [siehe auch oben. fj]
   Noch findet der Docht im Wachs Halt und Nahrung, obwohl die Kerze schon weit abgebrannt ist. Die Glocke der Dorfkirche schlägt einmal an. Das ist wohl allzu gut gemeint, denn ein Viertel deutet es, jedoch der Stunde nur, so lass ichs gelten! Die Lebensuhr hat keine Glocken, zum Glück. 
   Mein Auto hat jetzt einen neuen Termin, beim TÜV: 2014! Ein Glück nur, dass wir Menschen nicht zum TÜV müssen, ich bekäme wohl keine Plakette mehr, aber 2014 noch zu erleben, mit einer großen Georg-Britting-Ausstellung in der Münchner Stabi, das wäre ein würdiger Abschluss, und meine Ingeborg vermisst mich ja auch nicht, sie hat die Gnade zu schlafen, bis sie zu einem neuen Leben erweckt wird, mit ihrem alten Wissensstand und neuen Körper. Erst dann, wenn ich dann auch schon wieder da sein sollte, kann ich ihr erzählen, wie es mir nach ihrem Tod erging. Sie wusste es jedoch, sie wusste wie ich leiden würde, und sie wusste auch, dass ihr Hans nicht untergeht. »Ob wohl das Geld noch reicht, für den, der übrig bleibt?«, war eine oft gestellte bange Frage, obwohl ich sie immer wieder zu beruhigen verstand. Dabei hatte sie ganz gewiss vor allem an mich gedacht. Ach ja, Ingeborg, es reicht, und es wird noch was übrig bleiben. Das Geld ist nicht, was jetzt zu meinem »Wohlstand« gereicht! »Meine Freunde sind deine Freunde«,  hattest du einmal gesagt, das ist einer der starken Aktivposten in der Bilanz des Lebens. 
   Mein armer Sigmund [ein Freund und Professor] musste heute drei Stunden über den neuen Atheismus sprechen. Ich nehme an, er zitierte dabei Britting, der sich ja dazu bekannte, wenn auch mit dem Vorbehalt »selbstverständlich katholisch zu sein«. Das war eine der Raffinessen Brittings, der ja, sieht man, was er geschrieben hat, von beiden [katholisch und Atheist] es nur ein wenig war. Das, was er offen ließ, nahm er mit ins Grab. 
   Atheist bedeutet sinngemäß »gottlos«. Wer also an andere Götter glaubt als an den, der der Christen ihrer ist, ist kein Atheist. In unserer Zeit der Aufklärung, der Technik und der Wissenschaft, machen sich die Menschen neue Götter. So lässt sich jemand, der absolut an gar nichts glaubt und auch Vergangenes als wertlos betrachtet, mit Akupunktur behandeln. Auch der also glaubt, obwohl er meint zu wissen. 
Warum eigentlich, muss man Menschen noch erklären, was Atheismus ist?
   »Anderes Thema«, würdest du jetzt fordern, ja, du hast ja Recht! Warum also fallen die Maikäfer immer auf den Rücken? Nur um zu krepieren?
   Du wiederholst nun deine Forderung. Nun gut, das aber, was ich dir sonst noch zu sagen wüsste, das sage ich dir ins Ohr!
   So bitte ich den verehrten Leser um Verständnis, dass ich den Monolog nun damit beende und mich dem zuvor beschriebenen nun zuwende.
   Dazu kommt: Die Flasche ist zu Ende.
Von meinem iPad gesendet=