Sonntag, 17. Februar 2013

Der alte Barsch

Dies ist eine Geschichte, fast ein Drama, aus der christkatholischen Fastenzeit. Es erzählt von einem eiskalten Fisch, der nichts dafür kann, einem hungrig Heizenden und Handelnden, der an allem Schuldt ist, und drumherum das reine, zarte Bangen, oder soll ich bloß sagen: Oberbayern.
   Angefangen hat es mit einem einsamen Mittagessen.

»Loup de mer« (Wolfsbarsch, Dicentrarchus labrax), AD 2011, aus dem Tiefkühlfach – Ipad-Foto Schuldt
Hier sieht man das Tierchen vor dem Verzehr auf dem heimischen Teller. Für schönere Rezepte und professioonellere Bilder verweisen wir ins weitere Netz, etwa auf Maggi. (Im Übrigen nennt der deutsche Gourmet alle möglichen Fische Loup de mer, weil’s grad so schön fischländisch klingt.)   
   Nach dem Mahle reimte dann der Herr:

Liebe Marion!
    Jetzt habe ich einen Engel aufgefressen! – (schreibt er wörtlich.)
    Und das war der von dir, der mit den weißen Locken! – Mitgefressen!
    Und süß!
    Wen und was soll er nun beschützen?
    Du siehst, nichts hält ewig! 
    – bis auf unsere Liebe!
       
Und er unterzeichnet frohgemuth:
   Dein englelverschlingender, alter Hans.
       
Mannhaft erklärt er am Ende sachlich-ungereimt:
    Heut Mittag gab’s einen »Mer de loup« aus dem Jahr 2011. Köstlich!

Antwort von Marion:
    Aber Hans, um Gottes Willen, aus  2011!!!!!!!!!!!!!
    Ich möchte stündlich ein Lebenszeichen von dir, bis morgen früh ....
Hast du den so lange im Eisfach schmoren lassen, das sollst du nicht, nicht länger als drei Monate, aber du bist ein Haudegen, du überlebst ......
(»Schmoren« im Eisfach? Wieder einmal ein leicht verqueres sprachliches Bild. Das kommt von der Erregung. Außerdem gibt’s deutsch noch kein »in 2011« oder »aus 2011«, nur im Englischen ohne was davor, das hatte Schuldt richtiger. Die Redaktion)

Darauf der alte Genießer:

    Befehlsgemäß meld’ ich mich stündlich
    – und das tu ich sehr gründlich – (schon, damit sich’s reimt!)
    Mit einm Engelchen im Bauch
    Und einem alten Fischlein auch.
   
    Bisher bewirkte der »Mer de loup«
    Noch nicht mal einen ... !
    Doch sowas Ungereimtes sagt man nicht,
    Iss lieber du den Fisch stets frisch!
   
    Ach Marion, gefroren hatte der schon so lange,
    Da war ich mir doch garnicht bange! –
    Sollt’ noch einen ich im Eisschrank finden,
    Fürwahr! – könnt ich mich sicherlich nicht überwinden! (wozu?)
   
    So habe du denn keine Angst
    Um deinen Hans.
    Du weißt es doch! Der kann’s.
    Nur fehlt die vierte Zeile leider ganz!
   
Soweit die Ballade vom »Meereswolf« (sag’ i).
Höhergeistiges unter Lupus in fabula.

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Die Aufbewahrungszeit von Tiefkühlfisch in der Truhe wird ganz unterschiedlich eingeschätzt. Einmal sind’s bloß drei Monate (das meint allerdings ein »Feuervogel«), ein anderer schreibt: ewig. Dritte philosophieren von »enzymatischen Prozessen«, und dass es drauf ankommt, und das klingt doch immer am gelehrtesten. Fett möchte ranzig werden, ganz langsam aber sicher, was man aber schmeckt. Wobei beim Bayern Schmecken schon gleich Riechen ist. Also keine Bange! Selbst die Wikipedia beruhigt: »Daher sollte man beim Verzehr von Frittiertem auf natürliche Ekelreaktionen achten, welche noch vor Erreichen gesundheitsschädlicher Anteile von Zersetzungsmaterial im Öl automatisch Alarm schlagen.«

Samstag, 2. Februar 2013

Noch ’n Gedicht

Theke – Antitheke – Syntheke

Philosophen-Karikatur von Robert Gernhardt – s. SWR
Beim ersten Glas sprach Husserl:
»Nach diesem Glas ist Schlusserl.«
   Ihm antwortete Hegel:
   »Zwei Glas sind hier die Regel.«
»Das kann nicht sein«, rief Wittgenstein,
»Bei mir geht noch ein drittes rein.«
   Worauf Herr Kant befand:
   »Ich seh ab vier erst Land.«
»Ach was«, sprach da Marcuse,
»Trink ich nicht fünf, trinkst du se.«
   »Trinkt zu«, sprach Schopenhauer,
   »Sonst wird das sechste sauer.«
»Das nehm ich«, sagte Bloch,
»Das siebte möpselt noch.«
   Am Tisch erscholl Gequietsche,
   still trank das achte Nietzsche.
»Das neunte erst schmeckt lecker!«
»Du hast ja recht, Heidegger«,
   rief nach Glas zehn Adorno:
   »Prost auch! Und nun von vorno!«
                                        soweit Robert Gernhardt (1937—2006)

beim elften Glas, fiel Britting ein.
Wer wissen will, wie’s weiterging, 
der klicke hierauf diesen Link.
Es fehlt hier noch der Heinrich Kleist,
den füg ich ein – mit noch ’nem Link – schon dreist.
   – Sagt’s, schreibt’s und legt es nieder, der nimmermüde Hans-Joachim Schuldt.

Spittelmarkt 1783. Bild s. Wikipedia. 1786—1796 sollte Kleists Anekdote spielen.
PS. Hier steht der Kleist ganz ohne Link:

   Der Branntweinsäufer und die Berliner Glocken  

Ein Soldat vom ehemaligen Regiment Lichnowsky, ein heilloser und unverbesserlicher Säufer, versprach nach unendlichen Schlägen, die er deshalb bekam, dass er seine Aufführung bessern und sich des Brannteweins enthalten wolle. Er hielt auch, in der Tat, Wort, während drei Tage: ward aber am vierten wieder besoffen in einem Rennstein [sic!] gefunden, und, von einem Unteroffizier, in Arrest gebracht. Im Verhör befragte man ihn, warum er, seines Vorsatzes uneingedenk, sich von neuem dem Laster des Trunks ergeben habe? »Herr Hauptmann!« antwortete er; »es ist nicht meine Schuld. Ich ging in Geschäften eines Kaufmanns, mit einer Kiste Färbholz, über den Lustgarten; da läuteten vom Dom herab die Glocken: ›Pommeranzen! Pommeranzen! Pommeranzen!‹ Läut, Teufel, läut, sprach ich, und gedachte meines Vorsatzes und trank nichts. In der Königsstraße, wo ich die Kiste abgeben sollte, steh ich einen Augenblick, um mich auszuruhen, vor dem Rathaus still: da bimmelt es vom Turm herab: ›Kümmel! Kümmel! Kümmel! – Kümmel! Kümmel! Kümmel!‹ Ich sage, zum Turm: bimmle du, daß die Wolken reißen – und gedenke, mein Seel, gedenke meines Vorsatzes, ob ich gleich durstig war, und trinke nichts. Drauf führt mich der Teufel, auf dem Rückweg, über den Spittelmarkt; und da ich eben vor einer Kneipe, wo mehr denn dreißig Gäste beisammen waren, stehe, geht es, vom Spittelturm herab: ›Anisette! Anisette! Anisette!‹ Was kostet das Glas, frag ich? Der Wirt spricht: Sechs Pfennige. Geb er her, sag ich – und was weiter aus mir geworden ist, das weiß ich nicht.«

Freitag, 1. Februar 2013

Vorfrühlingsgruß vom Chiemsee

Chiemsee bei Seebruck. Foto Schuldt mit Ipad
Mag’s der wärmste Januartag seit Men­schen­ge­den­ken gewesen sein, dieser letzte Januar­tag 2013, es war ein schöner Tag. Die Wolken sehen nach Föhn aus, der See nach Sehnsucht …

Und gerade die lässt unseren unermüdlichen Bayern-Berichterstatter mit alten Dichtern seufzen:

»Es ist so traurig, sich allein zu freuen.«                    Minna von Barnhelm II, 3. (Fräulein)
  Gotthold Ephraim Lessing (1729 - 1781)

Was hiermit überwunden scheint, dank Internet! Merke: Im Netz ist keiner allein, zumindest nicht im Web zweinull, so sich jeder so seine »Komm Junitty« zusammenklaubt.


Foto Schuldt mit Ipad
Wes Kirch’ das ist, wird er mir schon noch schreiben, der Meister!

Lasset uns also einkehren:

Schlosswirtschaft Wildenwart, Jägerstube. Foto Schuldt mit Ipad
Foto Schuldt mit Ipad
In diesem Fall in Wildenwart, in die Schlosswirtschaft. »Hier bin ich bekannt und werde mit Namen begrüßt«, schreibt der Protagonist hinter und mit seinem  Ipad. »Die Stube war voll, so fand ich in der Jägerstube einen Platz und warte jetzt geduldig auf den bestellten Schweinsbraten, der hier sehr gut ist. – Das Tegernseer Bier läuft schon wohin es muß!«
   Hernach nur kursorisch: »Ich lasse mich jetzt von meiner bezaubernden Kopilotin nach Hause führen, ich folge ihr einfach, bis sie sagt ›Sie haben ihr Ziel erreicht!‹ (Wir siezen uns noch immer!).
  Na, wenn das keine gute Siesta verspricht, was dann? – fragt der alte Hans, der mit dieser Rose ganz herzlich grüßt.«

Liest das eigentlich wer? Oder ist das eher »für die Katz«? Foto wieder Schuldt mit seinem Ipad.