Mittwoch, 31. Oktober 2012


   Der Mond

Auch wenn er,
Immer zu seiner Frist,
Rund und voll ist, der Mond,
Und das nimmt er genau,
So genau, dass man die Zeit danach misst, 
Ist er nicht immer gleich groß.

Wenn ein dunstiger Tag sich senkt, da, 
Über die Waldschlucht, steigt er herauf, 
Riesig und nah,
Rötlich dämmernd, und deckt
Das halbe Himmelsgewölb.
Und der Hirsch, der im Tann sich versteckt
Hielt, tritt hervor, friedlich beglänzt,
Und neigt
Äsend das Haupt.

Aber wenn er im kalten Winter sich zeigt, 
Ist er klein und weiß,
Wie eine Lampe aus Eis
Hoch in die frierende Bläue gestellt.
Furchtlos durchwandert sein Licht
Die fremden Bereiche
Der oberen Welt.

Und ist doch immer der gleiche,
Der unsere Nächte erhellt,
Und uns und unseren Vätern
Seit tausend Jahren gefällt.
Das tut er wohl auch noch den Spätern.

Georg Britting, Sämtliche Werke - Rabe, Ross und Hahn - Band 2, Seite 185
© Georg-Britting-Stiftung - Alle Rechte vorbehalten. Zu den Rechten.
Auf http://www.britting.de/gedichte/2%20Rarbe%20Ross%20und%20Hahn.pdf#page=67

Dazu findet der fleißige »Redakteur« diese Anmerkung von einem »Koschutnig«, hier, auf die Frage, ob das Gedicht expressionistisch sei: »Als Britting das Gedicht verfasste – Erstdruck 1941 unter dem Titel Der Mond  im Münchner Lesebogen,  Nr. 66, S. 8 –, das dann 1942 im besetzten Polen in der Krakauer Zeitung (Nr. 136, 11. 6. 1942.) unter dem Titel Der Mond kommt jetzt sehr früh herauf nochmals abgedruckt wurde,  war der Expressionismus, dem er [Britting] vor der Machtergreifung der Nazis angehörte, längst als ›entartete Kunst‹  völlig verpönt! Selbst wenn man das Gedicht nicht kennt, ergibt sich allein aus dieser  Tatsache schlüssig, dass das Gedicht nicht expressionistisch sein kann:  Ein deutscher Redakteur in Krakau wäre vermutlich in einer Strafkompanie oder gar  im KZ gelandet,  hätte er ein expressionistisches, ›entartetes‹ Gedicht gedruckt! Auch aus der kompletten und unversehrten Sprache des Gedichts ist zu erkennen, dass da keine geballten Gefühlsausbrüche stattfinden. Willst du es irgendwo ansiedeln, so kannst du es immerhin dem weiten Bereich eines magischen Realismus  zuordnen, in man den späteren Britting wie eine Anzahl anderer schwer schubladisierbarer Dichter gerne einreiht.«

Das Mondvideo finden Sie auf http://youtu.be/rFnnYhTMGS8. Dazu schreibt Forrest Tanaka: »I photographed the moon with a DSLR [Digital Single Lens Reflex, digitalen Spiegelreflexkamera] on a 4" [4 Zoll = ca. 10 cm] Maksutov-Cassegrain telescope each night for a lunar month, from the full moon on January 8 through February 5, 2012. I adjusted all their exposures, angles, and positions in the frame in post-processing, then merged each image using morphing software to make the transitions smoother and to take care of the moon’s libration (wobble during orbit). I combined all these into one video for the complete month. I did miss a day here and there because of cloud cover. – To see how I created this, read my blog post.